Aus folgenden Gründen besteht keine Veranlassung, die bestehende Gesetzeslage zu ändern:
- Demokratiepolitische Überlegungen
- Eine gesetzliche Verpflichtung zur Zulassung von assistiertem Suizid in allen Alters- und Pflegeheimen und Hospizen würde den Institutionen verbieten, frei über ihre Pflegekultur und ethische Grundhaltung zu entscheiden. Dadurch wird ein Zwang ausgeübt, der der Grundlage der Schweizer Demokratie widerspricht.
- Es besteht weder eine Notwenigkeit noch ein Auftrag des Souveräns für eine solche Gesetzesänderung.
- Menschen, die per assistiertem Suizid aus dem Leben gehen wollen, haben bereits heute in verschiedenen Bündner Pflegeheimen diese Möglichkeit.
- Durch die Gesetzesänderung würde die Gemeindeautonomie verletzt, weil viele Heime von den Gemeinden finanziert werden und nun vom Kanton vorgeschrieben bekommen sollen, was sie wie zu tun haben.
- Der Zwang zur Zulassung von assistierten Suiziden verletzt die Glaubens- und Gewissensfreiheit.
- Der Kanton Thurgau hat gezeigt, dass es möglich ist, einen eigenständigen Weg ohne Zwang zu gehen und nicht den freiheitlichen Boden unserer demokratischen Grundhaltung zu verlassen.
- Auswirkungen auf Heime und Hospize
-
- Für die Garantie der Selbstbestimmung der ganzen Bevölkerung muss gewährleistet sein, dass auch Heime gewählt werden können, in denen keine assistierten Suizide stattfinden. Dies ist mit der bestehenden Gesetzeslage erfüllt.
- Die Zahl der assistierten Suizide in den Alters- und Pflegeheimen im Kt. Graubünden ist gering. In Kantonen, in denen die Heime gezwungen wurden, assistierten Suizid zuzulassen, steigen die Zahlen der assistierten Suizide an. Wer kann daran ein Interesse haben?
- Die Bündner Pflegeheime leisten gute Arbeit in der Betreuung unserer älteren und pflegebedürftigen Menschen. Geht es nicht darum, die Heime in den Möglichkeiten der Suizidprävention zu schulen und eine gute Pflegekultur zu unterstützen, anstatt Unruheherde zu schaffen und bestehend gut funktionierende Konzepte zu verunmöglichen?
- Jedes Heim könnte bereits in seinem Leitbild bekanntgeben, wenn keine assistierten Suizide in ihren Räumlichkeiten durchgeführt werden und so für Transparenz von Anfang an sorgen.
- Auswirkungen auf die Mitarbeitenden
-
- Rund um einen assistierten Suizid werden in erheblichem Ausmass emotionale, zeitliche und personelle Ressourcen absorbiert, die dann für die Betreuung der anderen Mitbewohner fehlen.
- Pflegende können zwar nicht gezwungen werden, Personen bei einem assistierten Suizid zu begleiten. Aber auch wenn sie nicht persönlich an der Durchführung eines assistierten Suizids beteiligt sind, ist die emotionale Belastung immens, haben sie doch eine persönliche Bindung zu dem betroffenen Bewohner. Zudem müssen sie auch Mitbewohner und Angehörige auffangen, die nicht selten unter psychischen Folgeerscheinungen leiden.
- Für viele Betreuende und Pflegende sind assistierte Suizide nicht vereinbar mit der Aufgabe und Zielsetzung, der sie sich persönlich verpflichtet fühlen.
- Mitarbeitende, die damit konfrontiert sind, dass in ihrem Heim plötzlich nicht nur «Begleitung beim Sterben», sondern auch «Hilfe zum Sterben» angeboten wird, können die Identifikation mit ihrer Arbeit grundsätzlich infrage stellen und ihr Berufsfeld verlassen. Haben wir nicht genügend Probleme mit Pflegekräftemangel?
- Auswirkungen auf Heimbewohner und Angehörige
- Auf die Rechte, Wünsche und Gefühle derjenigen Heimbewohner und ihrer Angehörigen, die ihren Lebensabend nicht in einem Heim verbringen wollen, in dem geplante Suizide durchgeführt werden, wird im Gesetzesvorschlag keine Rücksicht genommen.
- Die Idee, Mitbewohner könnten sich vom Geschehen rund um einen assistierten Suizid fernhalten, ist illusorisch. Menschen sind stets aufeinander bezogen: Ob sie wollen oder nicht, sie erleben die Art des Todes eines Mitbewohners mit. Starke psychische Reaktionen, von depressiven Reaktionen bis hin zu Traumatisierungen können die Folge sein.
- Ein Obligatorium der Zulassung von assistierten Suiziden bewirkt, dass sich pflegebedürftige Menschen als Belastung und Kostenfaktor fühlen können (auch wenn dies niemand ausspricht!) und übt einen impliziten Druck auf pflegebedürftige Menschen aus, sie seien eine Zumutung für andere und dürften ebenfalls nicht zur Last fallen.
- Betagte, behinderte, geschwächte und demenzbetroffene Menschen sind speziell konfrontiert mit ihrer Gebrechlichkeit und auch der Endlichkeit des Lebens. Gerade sie sind auf Unterstützung angewiesen und bedürfen einer Fürsorge, die gewährleistet, dass sie in Ruhe leben und zwischenmenschliche Hilfe annehmen können. Die Gesellschaft hat hier eine Schutzpflicht.
- Selbstbestimmung am Ende des Lebens ist auch die Freiheit, ohne gesellschaftlichem und ökonomischem Druck mit gutem Gewissen pflegerische und medizinische Betreuung in Anspruch nehmen zu dürfen und bis zum Schluss palliativ betreut und liebevoll getragen zu werden.
Literatur: siehe Informationen im Menu
Gedankenanstösse zum Plan, die Zulassung assistierten Suizids den Pflegeheimen und Hospizen per Gesetz aufzuzwingen
Es gibt keine Notwenigkeit für eine solche Gesetzesänderung. Weder hat der Souverän noch die Heime dringenden Bedarf angemeldet. Eine Gleichschaltung widerspricht der Vielfalt von Angeboten in den Heimen unseres Kantons. Wer einen assistierten Suizid in Betracht zieht, findet heute schon problemlos ein entsprechendes Heim. Es muss auch das Recht geben, eine Institution ohne diesen Zwang zu führen. Die Freiheit der Wahl muss für alle Bürger gewährleistet bleiben. Verpflichtet man alle Heime, müssen Bürger, die das nicht wollen, den Kanton wechseln. Menschen, die den assistierten Suizid für Ihre Angehörigen nicht möchten, werden ausgegrenzt. Die Statistik zeigt, dass die assistierten Suizide dort, wo der Zulassungszwang besteht, die assistierten Suizide in den Heimen zunehmen. Wer hat Interesse daran, dass Bewohner eines Heimes sich zeitnah mit Hilfe suizidieren können? Warum soll aufgrund sehr seltener Fälle ein flächendeckendes «Suizidangebot» geschaffen werden? Warum müssen vor allem unsere alten Menschen sich immer wieder fragen, ob sie es noch der Wert sind zu leben? Wird man bald, wenn man sein Leben zu Ende leben will, eine Rechtfertigung brauchen? Auch wenn man gepflegt werden muss? Was und wer soll über den Wert eines Lebens entscheiden? Zusammenfassend: Es besteht keine Notwendigkeit, die Suizidrate wird zunehmen, der Druck auf Bewohner wird steigen, Heime und Pflegende werden noch mehr belastet. Warum also ein solches Gesetz? Öffnen wir nicht Tür und Tor für diejenigen, die bereits ausrechnen, wieviel Kosten der assistierte Suizid dem Gesundheitswesen spart? |